Titel: Anti-Lager-Netzwerk informiert: europaweiter Aktionstag am 2. April |
Presseerklärung des Anti-Lager-Netzwerkes zur Aktion gegen die Flüchtlingsunterkunft Bahnsdorf/Brandenburg am 2. April 2005 Am 2. April findet ein europaweiter Aktionstag für Bewegungsfreiheit und Bleiberecht statt. Antirassistische Gruppen und selbstorganisierte Netzwerke von MigrantInnen und Flüchtlingen werden u.a. in Griechenland, Italien, Frankreich, England, Belgien, Schweden, Polen und Deutschland mit Aktionen in über 50 Städten auf die Lebensbedingungen von MigrantInnen, Papierlosen und Flüchtlingen aufmerksam machen. In Deutschland wird es ebenfalls mehrere Aktionen geben. Die größte Aktion wird in Bahnsdorf (Landkreis Oberspreewald-Laussitz) im Bundesland Brandenburg stattfinden. Dort wird das bundesweite Bündnis „NoLager“ gegen das Flüchtlingslager Bahnsdorf demonstrieren. An dem Bündnis sind nicht zuletzt selbstorganisierte Flüchtlingsgruppen wie die Brandenburger Flüchtlingsinitiative, die Karawane und The Voice beteiligt. Das Flüchtlingslager Bahnsdorf ist eine der Flüchtlingsunterkünfte, die nicht im Geringsten den EU-Mindestnormen entsprechen. Bereits im vergangenen Jahr hat eine internationale Delegation unter Federführung von Pro Asyl die menschenunwürdige Unterbringung von Flüchtlingen – unter anderem in Deutschland – massiv kritisiert. Geändert hat sich seitdem wenig, obwohl die in der einschlägigen EU-Richtlinie vorgesehen Mindestnormen seit dem 6. Februar in nationales Recht umgesetzt sein müssen. In Bahnsdorf leben mehrere hundert Flüchtlinge auf einem verfallenen Ex-NVA-Militärgelände isoliert mitten im Wald. Viele von ihnen leben zu dritt oder viert in 14-qm großen Containern; lediglich die Familien leben – wenn auch nicht weniger beengt – in Wohnungen auf dem Gelände. Die sanitären Einrichtungen in den Containern spotten jeder Beschreibung. Rechtliche Beratung und psychosoziale Unterstützung gibt es praktisch keine. Stattdessen werden die BewohnerInnen von der für ihr restriktives Vorgehen einschlägig bekannten Ausländerbehörde Senftenberg massiv unter Druck gesetzt. Zum Beispiel hat die Ausländerbehörde Senftenberg seit Beginn dieses Jahres so gut wie keine Erlaubnisse zum Verlassen des Landkreises mehr erteilt (‚Residenzpflicht’) – mit der (falschen) Begründung, dass dies im Rahmen des neuen Zuwanderungsgesetzes nur noch in absoluten Ausnahmefällen vorgesehen sei. Auch die medizinische Versorgung wird ausgesprochen restriktiv gehandhabt: So werden etwa vom Facharzt verschriebene Einlagen für Schuhe nur nach nochmaliger Prüfung durch das Gesundheitsamt bezahlt. Zu guter Letzt werden die in Bahnsdorf lebenden Flüchtlinge bei ihrer Ankunft angehalten, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach Sie keine Ansprüche geltend machen können, sollten sie durch alte Minen (sic) und andere militärische Hinterlassenschaften außerhalb des unmittelbaren Lagergeländes Schaden erleiden. Die Kritik an Flüchtlingslagern wie Bahnsdorf ist umso dringlicher, als europa- und weltweit derzeit ein starker Ausbau des Lagersystems für Flüchtlinge und papierlose MigrantInnen zu beobachten ist. Stellvertretend erwähnt seien die jüngst in enger Kooperation mit Italien eingerichteten Flüchtlingslager in Libyen sowie der Umstand, dass laut einer Studie des Jesuiten-Flüchtlingsdienst in etwa 200 Auffanglagern in diversen EU-Ländern Flüchtlinge in Verwaltungshaft sitzen. Der Aktionstag in Bahnsdorf knüpft unmittelbar an die vom No-Lager-Bündnis getragene Anti-Lager-action-Tour an, die im vergangenen Sommer 17 Tage lang durch mehrere Bundesländer in Nord- und Ostdeutschland getourt ist und Aktionen (inklusive dreier Aktionscamps) an zahlreichen Lagern organisiert hat. Unsere Forderungen damals wie heute lauten: Schließung aller Lager: Abschiebegefängnisse, Abschiebelager und Sammellager! Abschaffung der Residenzpflicht! Schluss mit Abschiebungen! Jeder Mensch hat das Recht, dort zu leben, wo er oder sie will! Die Aktionen am 2. April beginnen mit einer Kundgebung um 11.30 Uhr in Bahnsdorf. Um 13.30 Uhr findet eine Demonstration im 11 Kilometer entfernten Senftenberg statt. |